Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz: Herausforderungen und Chancen für Arbeitgeber

In einem modernen Büro, in dem das Telefon ständig klingelt und E-Mails unaufhörlich eintrudeln, fällt es leicht, die stillen Signale der Mitarbeiter zu übersehen. Doch genau diese Signale können auf etwas Tieferes hinweisen: psychische Erkrankungen. Laut dem aktuellen „Psychreport“ der DAK haben psychische Erkrankungen in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. Die Zahlen sind alarmierend: Erneuter Höchststand bei psychisch bedingten Fehltagen im Job im Jahr 2023. Im Vorjahresvergleich stieg die Anzahl der Arbeitsunfähigkeits-Fälle um 21 Prozent auf 9,9 Fälle je 100 Versicherte an. Aber die Dunkelziffer könnte noch höher sein. Denn wenn der Rücken schmerzt, liegt die Ursache oft tiefer als nur bei körperlicher Belastung.

Herausforderungen für Unternehmen

Unternehmen stehen vor der Herausforderung, diese stille Epidemie zu erkennen und entsprechend zu handeln. Psychische Erkrankungen wirken sich nicht nur auf das Wohlbefinden der betroffenen Mitarbeiter aus, sondern auch auf die Produktivität und das Betriebsklima. Arbeitgeber müssen sich bewusst mit diesem Thema auseinandersetzen und entsprechende Maßnahmen ergreifen.

Prävention und Intervention

Ein proaktiver Ansatz ist unerlässlich. Unternehmen sollten ganzheitliche Angebote bereitstellen – zur Intervention und Prävention. Diese reichen vom allgemeinen Gesundheitsmanagement bis hin zur praktischen Beratung bei der Pflege von Angehörigen. Solche Maßnahmen helfen, dass Mitarbeiter gar nicht erst in eine starke psychische Belastung rutschen.

Zusammenarbeit von HR und Führungskräften

Ich halte es für essenziell, dass HR-Abteilungen und Führungskräfte Hand in Hand arbeiten. Einzelgespräche, externe Beratungsangebote und Konfliktmoderationen sind nur einige der vielen Möglichkeiten, die Mitarbeitern helfen können. Einige Unternehmen haben bereits externe Fachkräfte fest integriert, auf die Mitarbeiter bei Bedarf zurückgreifen können. 

Großunternehmen: Interdisziplinäre Teams

Größere Unternehmen haben die Möglichkeit, ein interdisziplinäres Team oder sogar einen ganzen Bereich für Gesundheit und Soziales zu etablieren. Diese Teams können die verschiedenen Maßnahmen unternehmensweit koordinieren und bündeln, um eine einheitliche und effektive Unterstützung zu gewährleisten.

Gleichwertigkeit von psychischen und physischen Erkrankungen

Auch wenn es noch ein weiter Weg ist: Psychische und physische Erkrankungen sollten als gleichwertig angesehen werden. Das Gesundwerden kann bei psychischen Erkrankungen jedoch länger dauern, weshalb es umso wichtiger ist, solche Erkrankungen ernst zu nehmen. Führungskräfte sollten im Kreise der Kollegen und Mitarbeiter für Sensibilität gegenüber diesen Themen sorgen und eine Kultur ohne Stigma fördern.

Unterstützung durch den Betriebsrat

Auch der Betriebsrat kann eine wichtige Rolle spielen. Mitarbeiter wenden sich oft an den Betriebsrat, wenn sie Probleme haben. Eine enge Zusammenarbeit und Schulung zu den Themen psychische Gesundheit kann äußerst hilfreich sein.

Schulung und Sensibilisierung

Schulungen für Führungskräfte, HR-Abteilungen und Betriebsräte sind wegweisend. Themen wie das Erkennen von Anzeichen psychischer Erkrankungen, angemessenes Reagieren, Weiterleitung an Fachkräfte und Selbstfürsorge sollten regelmäßig behandelt werden. So wird sichergestellt, dass alle Beteiligten gut vorbereitet sind und wissen, wie sie sich selbst schützen können, um nicht alle Probleme mit nach Hause zu nehmen.

Lösungen für kleine und mittelständische Unternehmen

Für kleine und mittelständische Unternehmen, die sich keine eigene Abteilung leisten können, empfiehlt sich der Aufbau eines Netzwerks aus externen Fachkräften. Diese können bei Bedarf hinzugezogen werden und bieten eine kosteneffiziente Lösung für die Unterstützung der Mitarbeiter.

Für eine Kultur der Offenheit

Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz sind eine ernstzunehmende Herausforderung. Doch mit einem bewussten und proaktiven Ansatz können Unternehmen nicht nur das Wohl ihrer Mitarbeiter fördern, sondern auch die eigene Produktivität und das Betriebsklima verbessern. Eine Kultur der Offenheit und Unterstützung kann hierbei den entscheidenden Unterschied machen.